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Islamismus und islamistischer Terrorismus.

Das Bild zeigt Anhänger des Islamischen Staates mit symbolischer Tauhīd Geste.

Islamistisches Personenpotenzial

Insgesamt ergibt sich für das Jahr 2022 aus den Zahlenangaben ein im Vergleich zum Vorjahr um rund 2,9 % verringertes Islamismuspotenzial von 27.480 Personen (2021: 28.290). Das islamistische Personenpotenzial liegt damit unter dem Stand von 2019.

Islamistisches Personenpotenzial 2019 bis 2022

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Gefährdung durch den islamistischen Terrorismus

Die Gefährdung durch den islamistischen Terrorismus in Deutschland sowie für deutsche Interessen und Einrichtungen weltweit besteht fort. Das gilt ungeachtet des Umstands, dass die islamistische Bedrohung in den vergangenen Jahren durch andere Herausforderungen überlagert wurde und teilweise aus der öffentlichen und medialen Wahrnehmung gerückt ist. Die Bedrohung geht dabei weiterhin vor allem von jihadistisch motivierten Einzeltätern mit einfach zu beschaffenden Tatmitteln aus. Die Angriffe richten sich vornehmlich gegen „weiche“ Ziele. Häufig bleibt unklar, ob die Täter aus einer islamistischen Motivation heraus oder aufgrund einer psychischen Erkrankung handeln. Aufgrund ihres kurzfristigen Charakters mit kurzer Planungsphase und geringem Organisationsaufwand sowie oftmals kaum vorhandenen relevanten Netzwerk- und Kommunikationsstrukturen stellt die Verhinderung solcher Taten eine besondere Herausforderung dar.

Perspektivisch erscheinen jedoch auch aus Afghanistan heraus geplante oder angeleitete Anschläge des regionalen Ablegers des „Islamischen Staats“ (IS) „Islamischer Staat Provinz Khorasan“ (ISPK) im (westlichen) Ausland möglich. Dies würde aus Sicht des ISPK dessen Ansehen unter seinen Anhängern erhöhen und zugleich die Ordnungsmacht der „Taleban“ in Afghanistan infrage stellen und diese vermehrt unter internationalen Druck setzen.

Im Jahr 2022 kam es in Deutschland zu keinem gesichert islamistisch motivierten Anschlag. Diese Entwicklung spiegelt sich im gesamten europäischen Raum wider, in dem im Berichtszeitraum eine niedrige einstellige Anzahl gesichert islamistisch-terroristischer Anschläge zu verzeichnen war. So kam es am 25. Juni zu einem Schusswaffenangriff auf einen vornehmlich von der LGBTQ-Szene besuchten Nachtclub in der norwegischen Hauptstadt Oslo. Auch im Jahr 2022 konnten Anschlagspläne durch deutsche und europäische Sicherheitsbehörden vereitelt werden. Sie belegen, dass die jihadistische Ideologie nach wie vor präsent ist. Deutschland und Europa sind weiterhin im Fokus terroristischer Organisationen wie „al-Qaida“ und IS, die diese Ideologie prägen, verbreiten und ihre Umsetzung propagieren. 

Mehr zum Thema: „Zahlen und Fakten“

Feindbild LGBTQ

Die Ablehnung von sexueller und geschlechtlicher Vielfalt moderner demokratischer Gesellschaften, insbesondere der Homosexualität und Transidentität, ist fester Bestandteil aller islamistischen Ideologien, die auf verbreitete Vorbehalte in vielen nahöstlichen und afrikanischen Gesellschaften aufsattelt. Auch in den Rechtsschulen der klassisch-islamischen Theologie besteht ein Verbot des Auslebens von Homosexualität, im Gegensatz zur bis ins 19. Jahrhundert gelebten Praxis in islamisch geprägten Kulturen. Doch es waren islamistische Vordenker, vor allem der salafistischen Strömungen, die sich ausdrücklich gegen die als „Unzuchtsverbrechen“ gebrandmarkte ausgelebte Homosexualität positioniert haben. In Herrschaftsordnungen, in denen islamistische Gesetze zur Anwendung kommen, wird diese repressiv verfolgt und bis hin zur Anwendung der Todesstrafe sanktioniert. Die Forderung nach Toleranz gegenüber Homosexualität und geschlechtlicher Vielfalt westlicher Gesellschaften wird als quasi-kolonialistischer Export aus dem Westen interpretiert, der das Ziel der Zerstörung der islamischen Gemeinschaft verfolge. Islamisten reagieren mit Hass und Ablehnung auf den gesellschaftspolitischen und medialen Bedeutungszuwachs des Themas in den letzten Jahren. So warfen Angehörige der salafistischen Szene beispielsweise den westlichen Staaten in den sozialen Medien Doppelmoral und Scheinheiligkeit vor, als im Zuge der Fußball-Weltmeisterschaft in Katar über die Einhaltung der Menschenrechte und die Diskriminierung von LGBTQ-Menschen in dem arabischen Golfstaat diskutiert wurde. In den vergangenen Jahren kam es wiederholt zu Angriffen auf Symbole und Orte der LGBTQ-Szene . Dafür steht im Berichtsjahr auch der bereits erwähnte Anschlag auf einen Nachtclub in Oslo (Norwegen).

Die Illustration zeigt eine Person, die eine Regenbogenfahne hochhält.
picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild | Michael Reichel

Bekämpfung der Terrorismusfinanzierung

Die Aufklärung von Finanzierungsaktivitäten ist wesentlicher Bestandteil der Gesamtstrategie der Sicherheitsbehörden zur Terrorismus- und Extremismusbekämpfung. Durch die Aufklärung und Verfolgung von Finanzaktivitäten extremistischer und terroristischer Personen/Organisationen sowie die Identifizierung zugehöriger (Finanz-)Netzwerke wird nicht nur die Finanzierung terroristischer Einzeltaten verhindert, sondern vielmehr bereits weit im Vorfeld von Anschlägen der Aktionsradius von extremistischen und terroristischen Organisationsstrukturen empfindlich eingeschränkt. Auch werden damit die im Zusammenhang stehenden Propaganda- und Rekrutierungsbemühungen empfindlich gestört. Bei der Aufklärung von Terrorismusfinanzierungsaktivitäten stehen dabei sowohl etablierte alternative Finanztransfermethoden, wie das Hawala-Banking, als auch der Bereich neuer Technologien in einem besonderen Fokus. So ist für den Phänomenbereich der Einsatz von Kryptowährungen auch weiterhin für die Verschleierung von Finanztransfers, aber auch für die Generierung von Finanzmitteln von Relevanz. Im Phänomenbereich sind verschiedene Sachverhalte bekannt, in denen die Nutzung von Kryptowährung eine Rolle spielt.

Die zuständigen (Sicherheits-)Behörden verfügen bei der Terrorismusfinanzierungsbekämpfung über einen breiten Maßnahmenkatalog, der sich unter anderem von der offenen Nennung verfassungsschutzrechtlich relevanter Organisationen im Verfassungsschutzbericht, der Übermittlung von sicherheitsrelevanten Erkenntnissen an die zuständigen Finanzbehörden mit entsprechenden steuerrechtlichen Auswirkungen bis hin zur Möglichkeit der Verfügung von Vereins- oder Betätigungsverboten erstreckt.

Mehr zum Thema: „Vereinsverbote“ (Informationsangebot des BMI)

Salafistische Szene in Deutschland

Der Salafismus bleibt mit 11.000 Personen weiterhin die zahlenmäßig bedeutendste islamistische Strömung in Deutschland. Zwar ist das salafistische Personenpotenzial das zweite Jahr in Folge rückläufig, die Anhängerzahl verbleibt jedoch auf einem hohen Niveau.

Salafistisches Personenpotenzial 2012 - 2021

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Annähernd zehn Jahre lang war die salafistische Szene in Deutschland stark gewachsen. Insbesondere während der Hochphase des IS-„Kalifats“ 2013 bis 2017 stieg die Zahl der Anhänger. Seit 2017 verlangsamte sich das Wachstum des salafistischen Personenpotenzials deutlich. Der erhöhte Verfolgungsdruck durch die Sicherheitsbehörden, der Bedeutungsverlust Syriens als Schauplatz des Jihad und die Coronapandemie haben schließlich zu einem leichten Rückgang des Personenpotenzials beigetragen.

Im ersten Halbjahr 2022 konnten wieder Missionierungsaktivitäten, wie „Street-Da’wa“ – also Straßenmissionierung, beispielsweise mit Ständen in Fußgängerzonen –, Islamseminare und salafistische Vortragsreihen, beobachtet werden. Im zweiten Halbjahr 2022 beschleunigte sich diese Entwicklung: An vielen Orten finden nun wieder regelmäßig öffentlich wahrnehmbare Aktivitäten statt. Dabei wurden überwiegend Aktionsformen wiederbelebt, die auch früher schon genutzt wurden. Diese Aktivitäten haben weiterhin zumeist einen regionalen Charakter. Seit Kurzem entfalten einzelne Protagonisten aber auch wieder bundesweite Relevanz. Diese halten sich jedoch im öffentlichen Raum oft mit eindeutig extremistischen und insbesondere gewaltbefürwortenden Äußerungen zurück.

Das zuletzt leicht gesunkene Personenpotenzial darf nicht mit einem abnehmenden Gefährdungspotenzial gleichgesetzt werden. Die zwischen salafistischen Akteuren und jihadistischen Netzwerken bestehenden engen Verbindungen dauern an. Die Szene ist in der Lage, jederzeit auf aktuelle Entwicklungen und äußere Einflüsse reagieren zu können. Das haben die Coronapandemie und die verstärkte Nutzung von Social Media erneut belegt. Insbesondere islamkritische Ereignisse können in kürzester Zeit zu einem großen Mobilisierungspotenzial führen.

Jihadistisch motivierte Ausreiseversuche

0 :Mehr als 1.150 Personen sind aus islamistischer Motivation heraus von Deutschland in Richtung Syrien und Irak gereist.

Jihadistisch motivierte Ausreiseversuche in Richtung Syrien und Irak wurden im Jahr 2022 lediglich im unteren zweistelligen Bereich registriert. Erfolgreiche Ausreisen wurden nicht festgestellt. Von den mehr als 1.150 Personen, die seit dem Jahr 2011 aus islamistischer Motivation heraus aus Deutschland in Richtung Syrien und Irak gereist waren, sind circa 40 % wieder in Deutschland. Es liegen bestätigte Erkenntnisse zu Personen im oberen zweistelligen Bereich vor, die sich in Syrien oder im Irak in Haft beziehungsweise in Gewahrsam befinden, davon etwa ein Drittel in den nordsyrischen Camps al-Hawl und Roj. Die Situation in den beiden kurdisch kontrollierten Camps ist nicht nur unter humanitären Gesichtspunkten problematisch: In den Lagern, in denen Tausende Menschen oftmals seit Jahren unter prekären Verhältnissen leben, befinden sich auch immer noch Jihadisten und vor allem Jihadistinnen aus Deutschland, oftmals mit Kindern. Jihadistische Strukturen sind in den Lagern weiterhin vorhanden. Einschüchterung, Gewalt und (Re-)Radikalisierung sind häufig die Folge. Die jihadistische Szene nutzt die Camps für Propaganda- und Mobilisierungszwecke.

Jihadistische Propaganda

Die jihadistische Propaganda macht nach dem Wegfall von Ausreisen nach Syrien und in den Irak einen wesentlichen Teil der jihadistischen Aktivitäten in Deutschland aus. Sie ist – auch aufgrund von regelmäßigen Löschungen im Internet und staatlichem Verfolgungsdruck – weniger öffentlich wahrnehmbar, sondern äußert sich in codierter Sprache, subtilen Andeutungen oder verpackt in jugendlichem Lifestyle. Insgesamt agieren Jihadisten inzwischen deutlich zurückhaltender als noch vor wenigen Jahren. Explizit gewaltorientierte Inhalte in der Propaganda sind weniger sichtbar geworden und konzentrieren sich auf bestimmte Messengerdienste, wie zum Beispiel Telegram.

Die fremdsprachige jihadistische Propaganda wurde auch im Jahr 2022 hauptsächlich vom IS und in geringerem Maße von „al-Qaida“ dominiert. Im Berichtszeitraum waren die nachfolgenden Ereignisse wesentlicher Bestandteil der Propaganda des IS:

  • Angriff des IS auf ein von kurdischen Sicherheitskräften kontrolliertes Gefängnis im Nordosten von Syrien am 20. Januar 2022;
  • Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine;
  • Anschläge von IS-Anhängern in Israel am 22. und 27. März 2022 sowie am 26. Oktober 2022 in Iran;
  • IS-Proklamierung von Afrika als „Gebiet der Auswanderung und des Jihad“;
  • wachsende Kontroverse zwischen der IS-Regionalorganisation „Islamischer Staat – Provinz Khorasan“ und den „Taleban“ seit deren Machtergreifung in Afghanistan im Jahr 2021;
  • Tod von zwei IS-„Kalifen“ im Jahr 2022.

Islamistische Strömungen in Deutschland

In Deutschland gibt es, neben jihadistischen und salafistischen Gruppierungen, weitere islamistische Bewegungen, die einen höheren Organisationsgrad und feste Strukturen aufweisen. Diese sind mitunter vereinsrechtlich durch regionale Anlaufstellen oder auch deutschlandweit zuständige Zentralen oder internationale Dachverbände organisiert. Ihre jeweiligen Ziele versuchen sie auf unterschiedlichen Wegen und mit verschiedenen Mitteln zu erreichen. Wesentliche Unterschiede sind die Art und die Intensität der beabsichtigten Außenwirkung sowie das Verhältnis zur Gewalt.

Darunter sind Gruppierungen, die sich in erster Linie dem Erhalt und der Pflege der bestehenden Strukturen sowie der internen Weitergabe ihrer extremistischen Ideologie widmen. Andere Organisationen setzen auf gesellschaftliche sowie politische Einflussnahme auf allen Ebenen in Deutschland. Einige Gruppierungen wenden sich ausschließlich an die muslimische Bevölkerung mit dem Ziel der Polarisierung zur Gewinnung von Anhängern.

So sind beispielsweise die Gruppierungen „Realität Islam“, „Generation Islam“ sowie „Muslim Interaktiv“, die eine ideologische Nähe zu der in Deutschland mit einem Betätigungsverbot belegten „Hizb ut-Tahrir“ aufweisen, propagandistisch außerordentlich aktiv. In Veröffentlichungen in sozialen Netzwerken behaupten sie eine staatlich gesteuerte Islamfeindlichkeit und sehen in der deutschen Integrationspolitik eine Art „Assimilationsterror“. Seit einiger Zeit nutzen die Gruppierungen ihren Bekanntheitsgrad auch für Mobilisierungszwecke. Darüber hinaus machte die Gruppierung „Muslim Interaktiv“ mit einer sorgsam einstudierten, flashmobartigen Kundgebung am 12. Februar 2022 in Hamburg gegen die Unterdrückung der Uiguren in China auf sich aufmerksam. Dabei diente die Veranstaltung nicht der Mobilisierung möglichst vieler Demonstrationsteilnehmer, sondern dem Sammeln eindrucksvoller Bilder und Videos für die eigenen Social-Media-Kanäle. Im Video wird „die systematische Assimilationspolitik“ in Deutschland angeprangert, die zu einer ähnlichen Unterdrückung der Muslime wie in China führe.

Legalistische Organisationen

Legalistische Organisationen erheben den Anspruch, der zentrale Ansprechpartner für alle muslimischen Belange in Deutschland zu sein. Sie verfolgen langfristig das Ziel, das gesellschaftliche und politische System Deutschlands zugunsten einer islamistischen Grund- und Werteordnung mitzugestalten und ihre Agenda in Politik und Gesellschaft zu etablieren.

Die „Deutsche Muslimische Gemeinschaft e.V.“ (DMG) ist dem globalen Netzwerk der „Muslimbruderschaft“ (MB) zuzurechnen. Wesentliche Aktivitäten der DMG und ihr nahestehender Organisationen sind die Missionierungs-, Jugend- und Bildungsarbeit, die sich an der Ideologie der MB orientieren. So werden zum Beispiel sogenannte Korancamps ausgerichtet. Darüber hinaus versucht sich die DMG durch ihre Öffentlichkeitsarbeit als zentraler Ansprechpartner für muslimische Belange in Deutschland gegenüber Politik und Gesellschaft zu etablieren.

Das Bild zeigt das Logo des IZH e.V. Hamburg

Das „Islamische Zentrum Hamburg e.V.“ (IZH), Trägerverein der „Imam-Ali-Moschee“ in Hamburg, ist neben der iranischen Botschaft die wichtigste Vertretung Irans in Deutschland und ein bedeutendes Propagandazentrum Irans in Europa. Mithilfe des IZH versucht Iran Schiiten verschiedener Nationalitäten an sich zu binden und die gesellschaftlichen, politischen und religiösen Grundwerte des iranischen Staates in Europa zu verbreiten. Als wichtiges Element für die Steuerung der Interessen des IZH dient der schiitische Dachverband „Islamische Gemeinschaft der schiitischen Gemeinden Deutschlands e.V.“.

Die „Millî Göruş“-Bewegung besteht aus mehreren Vereinigungen, die von einer gemeinsamen ideologisch-religiösen Ausrichtung und der ideellen Bindung an deren Gründer zusammengehalten werden. Hierzu zählen beispielsweise der „SAADET Europa e.V.“ mit der Zentrale in Duisburg (Nordrhein-Westfalen) oder die „Islamische Gemeinschaft Millî Görüş e.V.“ (IGMG) mit Sitz in Köln (Nordrhein-Westfalen). Obgleich alle Vereinigungen selbstständig und unabhängig voneinander agieren, ist die „Millî Göruş“-Ideologie – wenn auch in unterschiedlicher Ausprägung – das verbindende Element.

Terroristische Organisationen

Terroristische Organisationen wie etwa „Hizb Allah“ und HAMAS, die beide, wenn auch mit unterschiedlichem Kontext, unter anderem den gewaltsamen Kampf gegen Israel propagieren, verfügen in Deutschland über eine Anhängerschaft. Ihre Aktivitäten in Deutschland reichen von Sympathiebekundungen und Propagandaaktivitäten bis hin zu Finanzierungs- oder Spendensammelaktivitäten. Damit sollen die Kernorganisationen im Ausland gestärkt werden.

In Deutschland ist die „Hizb Allah“ in keinem bundesweiten Dachverband oder einer ähnlichen überregionalen Struktur organisiert. Teile der Anhängerschaft pflegen den organisatorischen Zusammenhalt in örtlichen Vereinen und in der Durchführung von religiösen Feierlichkeiten sowie in der Kinder- und Jugendarbeit. Es wurden konkrete Unterstützungshandlungen zugunsten der „Hizb Allah“ im Libanon durch Anhänger in Deutschland insbesondere durch organisierte Spendensammlungen nachgewiesen.

Die Mitglieder und Anhänger der HAMAS in Deutschland haben vorrangig zwei Ziele: Zum einen versuchen sie über Spendensammlungen die HAMAS zu unterstützen. Zum anderen sind sie daran interessiert, den politischen und gesellschaftlichen Diskurs in Deutschland propalästinensisch im Sinne der HAMAS zu beeinflussen.

Aktualisierung am 2.11.2023: Bundesinnenministerin Nancy Faeser hat am 2. November 2023 die Betätigung der Terrororganisation HAMAS und des internationalen Netzwerks „Samidoun – Palestinian Solidarity Network“ in Deutschland verboten. Die Teilorganisation „Samidoun Deutschland“, auch agierend unter den Bezeichnungen „HIRAK – Palestinian Youth Mobilization Jugendbewegung (Germany)“ und „Hirak e.V.“ ist verboten und wird aufgelöst. Weitere Informationen

Antisemitismus im Islamismus

Antisemitisches Gedankengut bildet einen wesentlichen gemeinsamen Nenner in der Ideologie des islamistischen Spektrums. „Die Juden“ werden dabei als eine Einheit wahrgenommen, die weltweit Kontrolle über Politik und Wirtschaft ausübt. Für die Mehrheit der islamistischen Organisationen stellt der Staat Israel das zentrale Feindbild dar. Hierbei wird kaum zwischen dem Staat Israel und Personen jüdischen Glaubens unterschieden. Antisemitismus im islamistischen Spektrum ist in unterschiedlichen Formen feststellbar, etwa durch Äußerungen in Predigten und in den sozialen Medien, auf Demonstrationen bis hin zu Gewalttaten gegen jüdische Personen und Einrichtungen. Beispielhaft hierfür steht der verhinderte Anschlag auf die Synagoge in Hagen (Nordrhein-Westfalen) durch einen islamistisch motivierten Einzeltäter, der im September 2021 verhaftet worden war. Der Täter wurde im Frühjahr 2022 zu einer Jugendstrafe von einem Jahr und neun Monaten auf Bewährung wegen der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat verurteilt.

Im April 2022 hat das BfV ein aktualisiertes, phänomenübergreifendes „Lagebild Antisemitismus 2020/2021“ veröffentlicht, das einen Gesamtüberblick über die verfassungsschutzrelevanten Ausprägungen des Antisemitismus in Deutschland gibt.

Im Jahr 2022 wurden erneut viele antisemitische Vorfälle – sowohl mit direktem Organisationsbezug als auch von Einzelpersonen – durch den Verfassungsschutzverbund registriert. Ein deutschsprachiger Sympathisant des IS zeigte sich im Frühjahr 2022 erfreut über Anschläge von IS-Anhängern in Israel, das er als „Krebsgeschwür inmitten der arabischen Welt“ bezeichnete, und äußerte den Wunsch nach einer Ausweitung des „Kampfes gegen die Juden“. Zudem führten die Ausschreitungen auf dem Tempelberg in Jerusalem während des muslimischen Fastenmonats Ramadan auch in Deutschland zu Demonstrationen, wie beispielsweise in Berlin im April 2022. Auf den propalästinensischen Demonstrationen wurden auch antisemitische Parolen der islamistischen Gruppierung HAMAS geäußert. Auch im Zusammenhang des jährlich abgehaltenen „al-Quds“-Tages sind antisemitische Äußerungen – insbesondere in den sozialen Medien – feststellbar.

Die Aufnahme zeigt Demonstrierende am 23. April 2022 in Berlin.
picture alliance / ZUMAPRESS.com | Michael Kuenne Demonstration am 23. April 2022 in Berlin



Die antisemitischen Ereignisse im Jahr 2022 verdeutlichen, dass die ideologische Radikalisierung von Menschen und die Aufstachelung zu Hass und Gewalt durch antisemitisches Gedankengut zu verbalen und in manchen Fällen zu gewalttätigen Ausschreitungen führen können. Insbesondere aktuelle Entwicklungen im Nahen Osten bieten auch in Zukunft islamistischen Einzelpersonen und Organisationen ein hohes Mobilisierungspotenzial in Deutschland und können zu einem Anstieg antisemitischer Vorfälle führen.