Delegitimierung
Mit dem Beginn der Coronapandemie und der Durchsetzung staatlicher Beschränkungsmaßnahmen zur Bekämpfung der Lage kam es in Deutschland zu gesellschaftlichen Diskussionen und legitimen Protestaktionen gegen diese Maßnahmen. In einigen Fällen gingen die öffentlich geäußerten Meinungen oder Aktionen von Personenzusammenschlüssen und Einzelpersonen jedoch über einen solchen legitimen Protest hinaus und wiesen tatsächliche Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen auf. Die Zuordnung der in diesem Zusammenhang maßgeblichen Personenzusammenschlüsse oder Einzelpersonen zu einem der Phänomenbereiche des Verfassungsschutzes ist in vielen Fällen nicht möglich. Das BfV hat daher im Frühjahr 2021 den neuen Phänomenbereich „Verfassungsschutzrelevante Delegitimierung des Staates“ eingerichtet.
Diese verfassungsschutzrelevante Delegitimierung erfolgt dabei nicht zuvorderst durch eine unmittelbare Infragestellung der Demokratie als solche, sondern beispielsweise über eine ständige Agitation gegen und Verächtlichmachung von demokratisch legitimierten Repräsentanten und Verantwortungsträgern des Staates und der von diesen getroffenen Entscheidungen, wodurch das Vertrauen in das staatliche System insgesamt erschüttert und dessen Funktionsfähigkeit beeinträchtigt wird oder werden kann. Die Wirkung dieser delegitimierenden Agitation wird vielfach verstärkt und potenziert durch den Rekurs auf Verschwörungsideologien bzw. -narrative. Daneben zählen Gewaltdrohungen gegen Vertreter der parlamentarischen Demokratie bis hin zu Mordaufrufen aus Protest gegen staatliche Maßnahmen als Beeinträchtigung der inneren Sicherheit. Auch Blockade- und Sabotageaktionen gegen staatliche Einrichtungen sowie lebenswichtige Infrastruktur und Versorgungseinrichtungen mit der möglichen Folge einer erheblichen Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit des Bundes oder der Länder können als Bestrebung im Sinne des neuen Extremismusphänomens gewertet werden.