Die neue Bedrohung: Sabotage durch fremde Nachrichtendienste
(Januar 2025)
Cyberattacken, Sachbeschädigungen, Brandsätze – solche und weitere Aktionen lassen sich unter Sabotagehandlungen zusammenfassen. Staatliche Akteure aus dem Ausland, aber auch Extremisten und Terroristen nehmen Industrieanlagen oder öffentliche Einrichtungen ins Visier, um diese zu schädigen. Aber wer steht im Fadenkreuz der Saboteure? Welche Vorbereitungshandlungen gibt es? Und welche Maßnahmen ergreifen neben den unmittelbar Betroffenen die Strafverfolgungsbehörden Polizei, Justiz und die Verfassungsschutzbehörden, um Sabotagevorfälle abzuwehren?
Seit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine 2022 sind Sabotagehandlungen und ihre Auswirkungen stärker in die öffentliche und politische Wahrnehmung gerückt. 2024 kam es in mehreren europäischen Ländern zu Vorfällen wie Bränden, Ausspähungen von Menschen und Einrichtungen, Drohnensichtungen über sensiblen Bereichen von Verteidigung und Kritischen Infrastrukturen (KRITIS) sowie Cyberangriffen. Ob Sabotage tatsächlich die Ursache ist, wird in allen Fällen sorgfältig überprüft.
Was ist Sabotage?
Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) definiert Sabotage als die bewusste Beeinträchtigung militärischer, politischer oder produktionsbezogener Prozesse, einschließlich Supply-Chain-Prozessen. Dies kann auch die Beschädigung oder Zerstörung wichtiger Anlagen und Einrichtungen von Kritischen Infrastrukturen umfassen, die für das Gemeinwesen unverzichtbar sind.
KRITIS ist die Abkürzung für kritische Infrastrukturen. Damit sind Anlagen, Systeme und Organisationen gemeint, die eine wichtige Bedeutung für die Aufrechterhaltung gesellschaftlicher Funktionen haben. Deren Ausfall hätte erhebliche Auswirkungen auf das Gemeinwesen, zum Beispiel in Form von Versorgungsengpässen und Gefährdung der öffentlichen Sicherheit.
In Deutschland zählen mehrere Sektoren zu KRITIS, dazu gehören Einrichtungen aus den Bereichen Energieversorgung, Informationstechnik und Telekommunikation, Transport und Verkehr, Gesundheit, Wasser, Ernährung, Siedlungsabfallentsorgung, Finanz- und Versicherungswesen, Staat und Verwaltung, Medien und Kultur sowie künftig auch der Weltraum.
Das Behindern oder (Zer-)Stören von politischen, administrativen und wirtschaftlichen Prozessen sowie entsprechender Kommunikation in Politik, Verwaltung und Wirtschaft ist dabei nicht das alleinige Ziel von Sabotage. Hinzu kommt oftmals auch die Absicht, die öffentliche Meinung und politisch Verantwortliche im Sinn des Sabotageakteurs zu beeinflussen oder Unsicherheit zu erzeugen.
Der Schutz vor Sabotage ist ein Element der klassischen Abwehrtätigkeit der Verfassungsschutzbehörden. Jahrelang waren Sabotageaktivitäten geprägt von extremistischen und terroristischen Akteuren. Doch spätestens seit 2023 sieht sich Deutschland mit einer in dieser Form neuen Bedrohung konfrontiert: Sabotage durch fremde Nachrichtendienste. Insbesondere seit dem Jahr 2024 geht die Spionageabwehr einer Reihe von ungeklärten Vorfällen nach, die möglicherweise im Zusammenhang mit Sabotagehandlungen im russischen Auftrag stehen.
Spionage als Vorbereitungshandlung für Sabotage
Ein erfolgreicher Sabotageakt benötigt meist langfristige Planung wie akribische Ausführung. Ziele werden vorab ausgespäht – durch Beobachtungen von außen, Informanten im Zielobjekt (Innentäter) oder einen Cyberangriff sammeln Angreifer Informationen. Sie wollen Schwachstellen, geeignete Angriffswege und Angriffszeitpunkte auskundschaften, um einen Angriff vorzubereiten: Saboteure spionieren ihre Ziele aus – betreiben also klassische Spionage. Der Sabotageakt kann dann durch Cyberangriffe oder physische Sabotagehandlungen erfolgen. Möglich sind verschiedene Gewalttaten wie Brandstiftungen, gefährliche Eingriffe in den Bahn-, Luft-, Schiffs- und Straßenverkehr oder Straftaten wie Sachbeschädigungen oder andere Formen der Störung von Abläufen.
Neuartig bei der mutmaßlich russischen Vorgehensweise ist der Einsatz von niederschwellig rekrutierten Proxys. Dabei handelt es sich um Personen, die im Auftrag russischer Nachrichtendienste oder sonstiger staatlicher Organe tätig werden, ohne diesen selbst anzugehören. Die oftmals (klein-)kriminellen Akteure werden häufig über soziale Medien oder Messengerdienste angeworben und gesteuert. Sie agieren zumeist aus finanziellen Beweggründen, jedoch kann zugleich auch eine ideologische Motivation vorliegen. Der nachrichtendienstliche Hintergrund des Auftraggebers bleibt ihnen dabei mutmaßlich oft verborgen – auch aufgrund von undurchsichtigen Auftragsketten und zwischengeschalteten Mittelsmännern.
Mehr zum Thema: Flyer "Sabotage stoppen"
Sabotage: Eine Gefahr für Gesellschaft, Politik und Wirtschaft
Umgesetzte Sabotagehandlungen können erhebliche gesellschaftliche Konsequenzen wie beispielsweise Vertrauensverlust oder Proteste haben. Um diese zu verstärken und Angst und Unsicherheit in der Öffentlichkeit zu schüren, versuchen Sabotage-Akteure aus den Begleiterscheinungen eines Sabotageaktes, auch eines gescheiterten, propagandistisch Nutzen zu ziehen. Dieses Vorgehen kann durch Desinformation verstärkt werden. So ist etwa eine entsprechende Begleitung mutmaßlich prorussischer Sabotagehandlungen durch unterschiedliche Stellen wie Staatsmedien oder Hacktivisten denkbar.
Sabotage stellt für Einrichtungen in Politik, Wirtschaft sowie Wissenschaft und Forschung eine ernst zu nehmende Gefahr dar. Aber auch weitere Lebensbereiche und die Bevölkerung können mittel- und unmittelbar betroffen sein. Beispielsweise durch mögliche Versorgungsengpässe in Folge eines Sabotageaktes in der Energieversorgung.
Schutz vor Sabotage: Die Rolle des Verfassungsschutzes
Der Verfassungsschutz ist für die Abwehr von Spionage und Sabotage durch ausländische Nachrichtendienste sowie von Extremisten und Terroristen zuständig. Um Sabotage in Realwelt und Cyberraum aufzuklären und zu unterbinden, nutzen die Verfassungsschutzbehörden deshalb ihren ganzen Werkzeugkasten nachrichtendienstlicher Mittel und rechtlicher Befugnisse.
Der Präventionsbereich des Verfassungsschutzes gibt Empfehlungen zum Schutz vor Sabotage heraus und steht als vertraulicher Ansprechpartner jederzeit zur Verfügung. Darüber hinaus haben Bürgerinnen und Bürger die Möglichkeit, über das BfV-Hinweistelefon verdächtige Sabotagehandlungen zu melden. Solche Hinweise werden vertraulich behandelt.
Hinweistelefon des BfV
+49(0)228 99 792-6000
+49(0)30 18 792-6000
hinweise@bfv.bund.de
Wirtschaftsschutz
+49(0)30 18 792-3322
wirtschaftsschutz@bfv.bund.de