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Gefährdung der Bundestagswahl durch unzulässige ausländische Einflussnahme

(November 2024)

In Deutschland wird es – voraussichtlich am 23. Februar 2025 – zu einer vorgezogenen Neuwahl des Deutschen Bundestags kommen. Solche zentralen politischen Ereignisse können stets Zielscheibe von unzulässiger Einflussnahme fremder Mächte werden, die so ihre strategischen Ziele verfolgen wollen.

Das BfV warnt vor möglichen Versuchen der Einflussnahme fremder Staaten im Zusammenhang mit der Bundestagswahl 2025. Einzukalkulieren sind Aktionen der Desinformation und Diskreditierung, Cyberangriffe sowie Spionage und Sabotage.

Das BfV hat eine Task Force eingerichtet und steht im engen Austausch mit den Sicherheitsbehörden des Bundes und der Länder sowie weiterer Partner.

Ziele illegitimer Einflussaktivitäten

Illegitime Einflussaktivitäten sind klassische Betätigungsfelder ausländischer Nachrichtendienste.

Sie zielen darauf ab, im Verborgenen und unter Vortäuschung falscher Tatsachen Einfluss auf Entscheidungs- und Funktionsträger in anderen Staaten auszuüben, aber auch in den freien Meinungs- und Willensbildungsprozess einzuwirken.

Die Aufnahme zeigt den Umriss von Deutschland mit einem Kreuz in der Mitte und Pfeilen drum herum.
Bundesamt für Verfassungsschutz

Zudem sollen derartige Einflussaktivitäten negativ auf das Vertrauen der Bevölkerung in die Stabilität und Integrität der Institutionen einwirken und so indirekt Mechanismen des demokratischen Verfassungsstaates in Frage stellen, dessen Werte und für eine Demokratie grundlegende Überzeugungen schwächen und die Einbindung Deutschlands in EU und NATO untergraben.

Vor dem Hintergrund des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine hat Russland das wohl größte und naheliegendste Interesse, die Wahl im eigenen Sinne zu beeinflussen. Aber auch weitere Akteure behält das BfV im Blick, um Ambitionen zur Einflussnahme im Umfeld der Bundestagswahl frühestmöglich zu erkennen und entsprechenden Aktivitäten vorzubeugen.

Ein probates Mittel, um Menschen vorsätzlich zu täuschen oder zu beeinflussen, sind Desinformation und Propaganda.

Einhergehend mit seinem Angriffskrieg hat Russland seit 2022 die Verbreitung (pro-)russischer und anti-westlicher Narrative offensiv ausgebaut und spricht selbst davon, in einem „Informationskrieg“ zu stehen.

Ziel der dahinterstehenden Akteure ist es, Unsicherheiten und Spaltungslinien in der deutschen Gesellschaft zu erzeugen beziehungsweise zu vertiefen, die Bereitschaft für die Unterstützung der Ukraine zu mindern und in diesem Sinne Einfluss auf politische Entscheidungen zu nehmen. Immer wieder bespielte Themen sind die Eskalationsdominanz Russlands, vermeintliche „Russophobie“, Fragen von Energie und Wirtschaftslage, Falschbehauptungen zur Ukraine sowie Attacken auf Politik und Personen der Bundesregierung und des Parlaments.

Beeinflussung durch Cyberangriffe

Die Abbildung zeigt einen Computerbildschirm mit verschiedenen Symbolen und Koordinaten.
pexels.com/Tima Miroshnichenko

Auch Cyberangriffe können der Einflussnahme dienen. Das Stehlen, Manipulieren und Veröffentlichen von Informationen mittels sogenannter „Hack and Leak“- beziehungsweise „Hack and Publish“-Operationen im digitalisierten Informationsraum gehört heute zum Repertoire fremder Mächte, auch um indirekt auf Wahlen einzuwirken, indem der Meinungs- und Willensbildungsprozess beeinflusst werden soll.

Künstliche Intelligenz stellt in diesem Kontext eine weitere Herausforderung dar. Sie kann für ausgefeilte Desinformationsoperationen genutzt werden.

So können täuschend echte sogenannte Deepfake-Videos oder auch -Stimmaufnahmen erstellt werden, die Wählerinnen und Wähler täuschen sollen.

Im Umfeld von Wahlen waren in der Vergangenheit vor allem die russischen Angreifergruppierungen APT 28 und Ghostwriter besonders aktiv. Sie sind für „Hack and Leak“ - und „Hack and Publish“-Operationen bekannt – Ghostwriter agierte so insbesondere in Polen. In Deutschland waren vorbereitende „Hack“-Aktivitäten in Form umfangreicher Phishing-Angriffe gegen den politischen Raum ebenfalls im Vorfeld der Bundestagswahl 2021 detektiert worden. Die Bundesregierung ordnete die in den letzten Jahren gegen Deutschland tätige Gruppierung Ghostwriter Russland zu.

Andere Möglichkeiten illegitimer Einflussnahme

Aber auch auf anderen Wegen kann illegitimer Einfluss auf den politischen Raum genommen werden – über bilaterale Gesprächskanäle, Thinktanks, oder Partnerschaftsvereine wie auch im Rahmen von wirtschaftlicher oder wissenschaftlicher Kooperation.

Medial bekannt und sichtbar wurden russische Einflussbemühungen im Vorfeld der Wahl zum Europaparlament am 9. Juni 2024 im Zusammenhang mit den Ereignissen um das Projekt „Voice of Europe“. Gegen dieses Nachrichtenportal wurden im März 2024 seitens der tschechischen Regierung Sanktionen verhängt. „Voice of Europe“ war seit Juni 2023 aktiv in die Verbreitung (pro-)russischer Propaganda und Desinformation involviert, präsentierte sich jedoch als legitimes internationales Nachrichtenportal.

Es verbreitete in vielen Sprachen hauptsächlich Narrative und politische Forderungen, die in Einklang mit der Außenpolitik Russlands standen. Zudem gab „Voice of Europe“ insbesondere Politikerinnen und Politikern ein Forum, die aktiv ein Ende der EU-Hilfe für die Ukraine fordern und sich entlang prorussischer Narrative äußerten.

Illegitime Einflussnahme auf den politischen Raum über bilaterale Gesprächskanäle und Experten ist auch ein Charakteristikum der Bemühungen anderer Staaten. Diese buhlen so um Personen aus Politik und Wirtschaft als „Lobbyisten“ für die eigene Sache.

Illegitime Einflussnahme kann schließlich auch über eine gezielte Förderung und Unterstützung von Personen, Parteien und Bewegungen geschehen. Dabei kommen kommunikative Unterstützung und auch materielle Anreize zum Einsatz.

Diasporapolitik und Diskreditierung

Im gesellschaftlichen Raum spielt zusätzlich eine strategisch ausgerichtete Diasporapolitik eine wichtige Rolle. Dabei geht es darum, die aus dem jeweiligen Staat stammende beziehungsweise diesem verbundene Gemeinschaften kulturell und politisch zu binden und als „Verstärker“ für eigene Positionen zu nutzen. Gleichzeitig sollen Oppositionsbewegungen und Regimekritik unterdrückt werden.

Vorstellbar mit Blick auf die Bundestagswahl sind außerdem die gezielte Diskreditierung ungewünschter Kandidatinnen und Kandidaten, ein Infragestellen des Wahlprozesses an sich, das Schüren von Zweifeln an der Rechtmäßigkeit und korrekten Durchführung der Wahl sowie, nach der Wahl, die Herabwürdigung des Koalitionsbildungs- und Regierungsbildungsprozesses.

Gefahr durch Sabotage

Die Abbildung zeigt einen Strommast in der Dämmerung.
pexels.com/Tauseef Khaliq

Da eine Bundestagswahl ganz besonders im Fokus der Öffentlichkeit steht, könnte ein ausländischer Akteur deshalb auch Sabotageaktivitäten in Erwägung ziehen. Denn solche Aktivitäten richten nicht nur Schaden an, sie haben auch eine propagandistische Dimension.

Seit 2022 ist es in Bezug auf potenzielle Sabotageakte durch fremde Nachrichtendienste zu einer Verschärfung der Gefährdungslage in Deutschland und Europa gekommen. Neben konkreten Schäden beziehungsweise Störungen von Abläufen in Kritischen Infrastrukturen (KRITIS) wie Kommunikation oder Verkehr und Logistik durch Sabotage dürften die psychologischen Auswirkungen eines Sabotageaktes in der Öffentlichkeit wie auf politische Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger im Sinne einer Verunsicherung nicht außer Acht gelassen werden.

Mehr zum Thema: Sicherheitshinweis für die Wirtschaft 01/2024 Schutz vor Sabotage Nr.2

Vor dem Hintergrund der sich in den letzten Jahren dynamisch ändernden Gefährdungslage bei Spionage, nachrichtendienstlichen Cyberangriffen, Sabotage, Desinformation, Einflussnahme und Sanktionsumgehungen stellt sich das BfV inhaltlich und organisatorisch zu der nächsten Bundestagswahl auf Einflussaktivitäten im Cyber- und Informationsraum ein.

Hierzu hat sich das BfV in enger Zusammenarbeit mit anderen Landes- und Bundesbehörden sowie im Austausch mit internationalen Partnern auf den Schutz der Wahl vorbereitet und eine Task Force aufgestellt.

Ausblick

Zu welchen nachrichtendienstlichen und sicherheitsgefährdenden Aktivitäten es im Umfeld der Wahl zum 21. Deutschen Bundestag letztendlich kommt, ist nicht verlässlich vorhersagbar. Das Handlungsfeld ausländischer Akteure könnte sich von einer direkten Einflussnahme im Sinne einer aktiven Unterstützung einzelner Kandidierender oder Parteien über die Diskreditierung anderer Personen und Parteien bis hin zur Diskreditierung des für Demokratien essenziellen politischen Meinungs- und Willensbildungsprozesses erstrecken. Dabei gehen Einflussakteure grundsätzlich opportunistisch vor – sie werden versuchen, Ereignisse zu ihrem Vorteil auszunutzen oder in ihre Narrative verstärkend einzubetten.

Das BfV ist für Hinweise im Zusammenhang mit unzulässiger ausländischer Einflussnahme im Umfeld der Bundestagswahl 2025 über das Hinweistelefon gegen Extremismus, Terrorismus und Spionage zu erreichen. Der Bereich Prävention ist für Politik und Verwaltung über dessen Verbindungsdaten zu kontaktieren.